Montag, 19. August 2013

Wetterhexe - Krebs und Jammern

Und der Regen, Regen, Regen fällt - vom Himmelszelt auf meine Welt, oh yeah!

Ich muss aufpassen, dass ich im trauten Kreise meiner Kollegen nicht zuviel jammere, weniger über den Krebs an sich als über all die Probleme im Büro, das schlechte Benehmen von den Chefs, diese furchtbare Art von unserem einen Chef, der die Angewohnheit hat, missliebige Mitarbeiter nicht zu kündigen, sondern beim "Rausmobben" in den Wahnsinn zu treiben. Wahnsinn!
Wie ein paar Idioten zig Menschen das Leben vermiesen können, würde mich auch dann ärgern, wenn es mich nicht direkt beträfe.

Trotzdem macht das darüber Reden das Arbeiten nur schlimmer.
Naja, natürlich muss man sich mal auskotzen, aber irgendwie bekommt das Gejammer in letzte Zeit eine verzweifelte Komponente, die uns runterzieht, statt zu erleichtern. Darüber muss ich noch nachdenken, das macht mir Sorgen. Es ist ganz allgemein so, dass man über das Jammern sich unweigerlich auf das Elend fokussiert. Auf den Gegenstand, den man Beklagen will. So erhalten diese Dinge Macht über uns, unsere Befindlichkeiten und erobern sich damit einen Platz im Leben, der ihnen doch nach unserem eigenen Empfinden nicht zusteht. Natürlich nicht, sonst würden wir ja nicht jammern. So aber gewinnt durch das Artikulieren das Thema an Bedeutung und wenn man sich mit Leidensgenossen unterhält, dann wird das eigene Leid noch besser erfasst, denn womöglich hat man ja einen kleinen Aspekt übersehen, der einem Mitleidenden aufgefallen ist und der das eigene Klagelied ergänzt.

Es ist gut, über seine Sorgen zu sprechen und tatsächlich ist es tröstlich, wenn man mit seinen Problemen nicht allein ist. Geteiltes Leid ist halbes Leid, heißt es. Das bedeutet aber nicht, dass arithmetisch nachvollziehbar sich Leid dadurch, dass es geteilt, also "umverteilt" wird, halbiert, sondern vielmehr, dass Leid erträglich ist, wenn wir nicht allein damit sind, wenn andere also richtig "mitleiden". Die Leidensgenossenschaft lebt von der kleinlichen Erkenntnis, dass es nicht so schlimm ist, wenn es für alle gleich schlimm ist. Egal ob das jetzt Armut oder Hunger ist. So lässt sich z.B. die überaus erstaunliche Tatsache erklären, dass die nach eigenem Bekunden glücklichsten Menschen in Ländern leben, die mit 3. Welt womöglich noch euphemistisch beschrieben wären.

Daraus lässt sich ableiten, dass Jammern eine hohe Kunst ist. Etwas, das man präzise ausführen sollte. Huh, jetzt wird es schon wieder kompliziert.
Jammern ist gut, wenn man mal Mitgefühl und Verständnis braucht. Jammern ist gut, wenn der Leidensdruck unerträglich wird, und man dann einmal ein Ventil benötigt. Jammern ist gut, weil eine Dosis Selbstmitleid eben zum Leben dazugehört, diese dunklen Stunden, wenn man sich wie in einer griechischen oder wenigsten shakespearschen Tragödie fühlt und ernsthaft fragt, wer sich nicht alles gegen einen verschworen hat..
Aber Jammern bedarf der Kontrolle. Speziell in Bezug auf die Wirkung.
Wenn es einem danach nicht besser geht, ist es schade um den Aufwand. Dann ist es vergeudete Zeit, dann ist es dumm.
Wenn es einem sogar schlechter geht danach, wenn einen das Jammern runterzieht, dann sollte man sich den Spaß versagen. Ein unfeines arabisches Sprichwort sagt, dass Scheiße erst dann zu stinken anfängt, wenn man darin herumrührt. Das hat viel Wahres.


Die Magen-Tabletten, die ich vorgestern vergessen habe, nehme ich jetzt noch nach, aus diätischen Gründen und damit ich die Mengenangaben halte. Ansonsten fühle ich mich einfach genervt, mir geht in meinem privaten Krebs-Feldzug – wie so oft in solchen Dingen, die sich nicht in Wochenfrist erledigen lassen – der Elan aus.
Ich müsste mich dringend bei zig Freunden melden und schaffe es nicht, ebenso wie ich nicht hinbekomme, mein Krebsprogramm so brav weiter durchzuziehen. Vielleicht geht es mir insgesamt zu gut?
Vielleicht liegt es auch am Wetter, denn es regnet, regnet, regnet.
30:7

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