Der zweite Chemo-Tag, oder sagt man der erste Tag im zweiten Zyklus?
Egal! Jedenfalls beginnt erst mal mit einem Schock!
Da geht man nix ahnend verschlafen ins Bad und fährt sich gähnend durchs schüttere Haar... und schreit screammäßig vor Grauen!
Wo ist die Gruselmusik wenn man sie mal braucht?!
Meine nicht festgebundenen Haare haben sich vollkommen verheddert und bei der Gelegenheit großflächig verabschiedet.

Mit Tränen in den Augen starre ich auf meinen Schädel mit der Restfrisur.
So ein Mist.
Doch was hilft's?
Entschlossen stülpe ich mir EMMA über die Ohren, wurschtel ein Haarband drüber und erkläre dem Krebs den Krieg.
Dafür klappt in der Chemo heute alles besser. Das Einchecken geht reibungslos, meine Blutwerte sind immer noch super und die Chemo läuft gut ein, ohne dass mein Magen murrt.
Danach trabe ich dann zu meinem langjährigen Friseur und lass mir einen Kurzhaarrasur-Schnitt verpassen.
Auschwitz lässt grüßen. Seufz.
Mir hat Sinead O'Connor übrigens nie gefallen. Der Hinweis, dass ich eine sehr schöne Schädelform habe und Kurzhaar wirklich toll tragen könnte, ist übrigens - auch wenn es undankbar wirken sollte - wirklich überhaupt gar kein Trost!
Ich nehme mir meinen Zopf als Souvenir mit und träume davon, bald ein superedles Zusatzhaarteil für hollywoodverdächtige Hochsteckfrisuren zu haben, das absolut echt aussieht, weil es ja echt MEIN Haar ist. Nach vorne schaun, im Großen wie im Kleinen!

Solcherart mit künftigem Glamour getröstet, gönne ich mir ein Eis und freue mich erst einmal darüber, dass ich mit zwei von acht Chemos jetzt schon ¼ des Horrors überstanden habe!
Außerdem ist Sommer und im Winter würde ich frieren mit ohne Haare.

Später kommt dann noch meine Reitfreundin vorbei und näht mit mir eine Tressenlösung für meine Haarbänder, bevor wir abends noch zum Pferd fahren und ein bisschen ausreiten. Ich probiere das mit der Tresse gleich aus. Die Idee ist, dass man mit so einem Schlauchhaarband und einer Tresse den Eindruck eines Kopftuchs mit Pferdeschwanz erweckt und damit nicht auf die doch recht warme Perücke angewiesen ist.
Yup! Das geht.
Nach dem Abendessen, das mein Mann in der Zwischenzeit gekocht hat und dass wir auf der Terrasse einnehmen können, während draußen die Glühwürmchen ausschwärmen, bin ich dann rechtschaffen müde.

Hatte Tiefen dieser Tag, aber alles in allem lohnt er nicht zu jammern.
Wirklich nicht.
17:5