Sonntag, 26. Januar 2014

Finalparty - Krebs und Feiern

Ich will ja nicht immer jammern.
Muss ich auch nicht. Die Chemo ging gut - meistens. Und vertragen hab ich sie auch - einigermaßen.  Und auch wenn der Job stressig und deprimierend ist, hat das nichts mit dem Krebs zu tun - grundsätzlich.

Also habe ich beschlossen, dass ich mich belohnen darf.
So eine Belohnung ist eine sehr wichtige Sache, denn sie motiviert und hilft auch, die eigene Leistung zu werten.
Also richtig gefühlt als wertvoll zu begreifen. Wertschätzen ist ein blödes Wort, denn "schätzen" beinhaltet, dass man etwas nicht weiß, sondern eben rät. Das reicht aber nicht, denn das ist keine Sicherheit. Und dann hat man die Belohnung zwar bekommen, aber nicht wirklich verdient. Ist das der Grund, warum es so schwer ist, Lob oder gar Eigenlob anzunehmen? Weil da nur eine "Schätzung" dahintersteckt und nicht etwa ein Beweis, den die der Belohnung zugrunde liegende Leistung ja jederzeit erbringt? Man sollte von Wertwissen sprechen.
Aber ich verliere mich wieder im Labyrinth der hintergründigen Wörter.

Am Freitag habe ich jedenfalls all meine  Freunde, mit denen ich am meisten zu tun hatte, und die am meisten unter meiner Krankheit gelitten haben, eingeladen.
Mein Mann hat gekocht. Weil er mich liebt, weil er gerne kocht, und weil ich meine Freunde ja auch belohnen wollte und die hätten sich nicht so gefreut, wenn ich in der Küche gewesen wäre.
Es gab ein supergeniales 6-Gänge-Menü.

Wir begannen mit einem Schwarzwurzelsüppchen mit Minzcroutons und Minzluft (Minze kann ich gut schmecken, weil sie so stark und frisch riecht).
Dann gab es Wildkräutersalat mit Wachtelbrust und Wachtelessenz (die superstarke klare Suppe ist so intensiv, dass selbst ich sie schmecke), Senfdressing (wieder was frisches, das schmeckbar ist) und Brotchips zum Knuspern.
Dann gab es einen wunderbar intensiven Pilzstrudel mit Maronenschaum (die Pilze schmecken so erdig, da haben all meine Geschmacksknospen brav mitgespielt).
Anschließend gab es einen Zander in Meerrettich-Apfeljus (auch wieder was ätherisch-frisches) mit so für sich intensiven und charakteristisch schmeckenden Beilagen wie rote Beete, Lauchzwiebeln, Erbsensprossen und Erbsenpürée (das ist deutlich intensiver als die normale Erbse und sonderbarerweise weniger süß), Kürbis, Spinat und Karotte. Und von allem immer nur ein, zwei Teilchen...
Hauptgang: Rinderschulter mit Heujus (da kocht man aus Heu eine Art Espresso und gibt die zur Soße, das riecht wunderbar blumig und sommerlich kräutermäßig und so intensiv, dass der Geschmack fast von allein kommt). Dazu gab es Parmesantaler und Bohnengemüse.
Und zum Schluss einen Bratapfelstrudel mit Marzipansauce (die hab ich nicht so geschmeckt, das war bei mir mangels Zuckergeschmack eher eine fade Mandelsauce und Lebkucheneis (mit nur ganz wenig Zucker, aber vielen Gewürzen), das ging wieder.
Warum schreibe ich das so ausführlich?
Weil es zeigt, dass man ziemlich gut essen kann, wenn man sich nur genau überlegt, wie man das, was nicht geht, umschifft. So wie sich überhaupt fast immer eine Umgehungslösung findet, wenn man nur stur genug danach sucht.

Am Ende waren wir jedenfalls alle satt und glücklich.
Ein Lichtblick mit vielen neuen Plänen, wenngleich meine eigenen Pläne irgendwie nie so hinhauen, wie ich mir das wünschen würde.
Ich freute mich darauf, am Wochenende nochmals auszureiten, bevor ich in die Klinik muss.
Das Ausreiten war toll. Aber schwierig. Ich bin nicht mein Pferd geritten, sondern ein Leihpferd, dessen Besitzer verhindert war und das auch mal wieder rauswollte. Und wie!
Der Winter ist gekommen und die Pferde waren extrem tatendurstig. Ich saß lange nicht mehr auf einem bockenden Rodeopferd. War lustig, vor allem, weil ich trotz der Chemo doch noch reiten kann. Also richtig reiten.
War anders als erwartet, aber auch schön.

Zwei Wochen sind rumgegangen.
Am Montag ist dann die große Untersuchung in der Klinik.
Tumorjagd und OP-Vorbereitungen.
Ich bin gespannt.
Das fühlt sich besser an.

107:23

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