Montag, 11. November 2013

Pastell November - Chemo und Krebs

Draußen ist es kalt. Es riecht nach Winter.
Und das passt zu meiner Stimmung.
Die Chemotage sind immer aufregend.
Sie regen mich auf.
So auch heute. Oder eigentlich gestern. Oder ganz genau - von gestern auf heute.
Mit anderen Worten - dieses Mal hab ich so gut wie gar nicht geschlafen vor lauter Aufregung.
Das passt ins Programm.
Ich schlafe nämlich nie, wenn ich mit mir nicht im Reinen bin und deshalb schlafe ich zur Zeit auch nicht.
Vor der Chemo nicht, nachher kaum und im Prinzip an den chemofrei-Tagen auch zu wenig.
Ich schlafe nicht, weil ich Angst davor habe, dann zu träumen.
Erinnert Ihr Euch an Eure Träume?
Ich schon. Und ein paar von ihnen hätte ich viel lieber vergessen.
Dann schlafe ich auch nicht, weil ich mich vor dem Tag fürchte. Denn wenn ich ins Bett gehe, wacht man ja gleich wieder auf. Gefühlt rückt also der Tag näher. Das ist objektiv doof, subjektiv logisch und gesundheitlich jedenfalls bedenklich.

Der Nachmittag beschäftigt mich zur Belohnung mit Knochen- und Muskelschmerzen und Krämpfen.
Wenn man nach innen horcht, erfährt man sehr spannende Dinge. Da kann kein Emmerich-Action-Kracher mithalten!
Da wird gekämpft in mir, jede Zelle ist mobilisiert und teilt das auf ihre eigene unvergleichliche Weise mit.
So nervig das ist, gräme ich mich nicht. Das ist gut, denn den Krebszellen geht es dabei noch schlechter. Schadenfreude ist was Tolles!
Ich bewege mich viel mit einem grenzdebilen Lächeln auf dem Gesicht, entspanne mich, strecke und dehne.
Nein, man wird da nicht süchtig. Es ist nicht angenehm, aber es ist erträglich.
Doch ich bin den ganzen Tag gehetzt, getrieben, finde keine Ruhe - Man soll immer nach vorne schauen.
Obwohl mir der Blick gar nicht gefällt. Die Aussicht, dass ich noch zwei weitere Chemos vor mir habe, heitert mich überhaupt nicht auf.
Ratlos sehe ich also zurück.
Die Tatsache, dass ich schon sechs Chemos hinter mir habe und immer noch stehe - aufrecht und aus eigener Kraft - fühlt sich allerdings irgendwie gut an. Ziemlich gut.
Mir geht es immer noch sehr gut. Ich mache Sport, gehe Arbeiten, habe - auch wenn ich her soviel jammere - doch immer noch viel schönes zu berichten (doch! Das lest Ihr doch auch, ja?)
Gemessen an dem, wie es mir gehen könnte, sogar fantastisch. Es fällt soviel leichter zu mäkeln, statt stolz zu sein. Pfeif auf Bescheidenheit. Ich hab's bisher eigentlich ziemlich gut gemacht.
Stolzer Blick, Brust raus, Bauch rein.
Krebs schärft den Blick für kleine Freuden.
Auch Pastellfarben machen bunt.
Krebs lehrt Demut. Und auch das ist gut.

Also kümmere ich mich um mein Buch und schreibe ein bisschen. NaNo ist auch, diese Massenbewegung unter Autoren, die alljährlich im November 50.000 Worte schreiben wollen. Realitätsflucht.
Warum auch nicht. Schreiben ist besser als saufen.
Gesünder. Unterhaltsamer.
Außerdem schläft man dabei ein.
Das Buch wird gut. Vampire Beginners Guide - zwischendurch als Fingerübung, bevor es mit meinem Herzensprojekt, der #Schwerttanz-Saga wieder weitergeht. Darüber wollte ich auch mal wieder bloggen. So viel schöne Pläne.
Der Gedanke rettet mir meinen Tag.

66:13 

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